E-Bikes (Ratgeber) oder wie es korrekterweise heißen müsste, Pedelecs wiegen in der Regel mehr als 20 Kilo. E-Fatbikes (Themenwelt) wie das Eleglide Tankroll (Testbericht) oder das Pedelec im Mofa-Look Himiway Escape Pro (Testbericht) sind mit 31 und 42 Kilogramm sogar noch schwerer. Ohne Motorunterstützung wird man solch schwere Ungetüme kaum bewegen. Und so viel Spaß diese Art von E-Bikes auch machen, sind sie nicht jedermanns Sache. Für die Fahrt an die Arbeit wünschen sich viele ein einfaches E-Bike, mit dem man zur Not auch mit leerem Akku noch problemlos nach Hause kommt.
Das Angebot an leichten und gleichzeitig günstigen E-Bikes ist allerdings rar. Doch es gibt sie: Das 18 Kilogramm leichte Fiido C21 (Testbericht) ist dabei mit 1600 Euro noch relativ günstig. Mit 15 Kilogramm wiegt das Urtopia Carbon 1 (Testbericht) nochmals weniger, doch dürfte es vielen sehr schwerfallen, die dafür nötigen 2700 Euro aufzubringen. Dabei ist das Urtopia noch längst nicht das teuerste und leichtestes E-Bike.
Je niedriger das Gewicht, desto höher der Preis, scheint die Regel bei leichten E-Bikes zu lauten. Doch es gibt seltene Ausnahmen: Das Accolmile E-Road mit 28-Zoll-Bereifung, 250-Watt-Hinterrad-Nabenmotor und 345-Wattstunden-Akku mit Batteriezellen von Samsung kostet mit dem Code „BGTSRW001“ beim Online-Shop Banggood aktuell nur 605 Euro. Der Versand erfolgt aus einem tschechischen Warenlager, Umsatzsteuer und Zoll fallen somit nicht an.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Antrieb erfüllt sämtliche Anforderungen der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) an ein Pedelec (250-Watt-Motor und Geschwindigkeitslimit von 25 Kilometer pro Stunde für die elektrische Unterstützung) und trägt ein CE-Kennzeichen. Wie gut das Accolmile E-Road funktioniert und wo es Verbesserungsbedarf gibt, zeigt unser Testbericht.
Aufbau, Optik und Verarbeitung
Geliefert wird das Accolmile E-Road teilmontiert in einem großen Karton. Eigenes Werkzeug wird zum Aufbau nicht benötigt, da es im Lieferumfang enthalten ist. Zunächst muss der Lenker angeschraubt und danach Sattel (Chaunts) und Vorderrad eingesetzt werden. Gabel und Lenker werden von einem Neco-Steuersatz fixiert. Als Nächstes sind Pedale, Rücklicht und Vorderlicht an der Reihe. Die Pedale stammen von Wellgo und sind aus Aluminium gefertigt. Die Lichter sind nicht mit dem Akku verbunden, sondern werden per Batterie mit Strom versorgt. Während das Rücklicht per Plastikhalterung an der Sitzstange montiert wird, muss das Vorderlicht an der Gabel verschraubt werden. Leider fehlen Schraube (M5x60) und Mutter im Lieferumfang. Während wir am Rücklicht die von der StVZO geforderte K-Kennzeichnung finden, fehlt diese am Vorderlicht.
Auch sind Schutzbleche nicht im Lieferumfang enthalten. Und eine Klingel fehlt auch. Reflektoren für die Speichen gibt es ebenfalls nicht, sind aber wegen der weiß reflektierenden Streifen an den Reifen auch nicht nötig.
Optisch weiß das Accolmile E-Road zu gefallen. Der in Mattblau gefärbte Rahmen bietet zu den ansonsten in Schwarz gehaltenen Komponenten wie Sattel, Lenker, Felgen und 7-Gang-Shimano-Gangschaltung vom Typ Tourney MF-TZ 500-7 einen schönen Kontrast. Durch den im Rahmen integrierten Akku erinnert das Rad zunächst nicht an ein E-Bike. Erst die vielen Kabel vor dem Lenker und das montierte Display lassen erahnen, dass es sich um ein Pedelec handelt. Bis auf das etwas konfus wirkende Kabelmanagement gibt es an der Verarbeitung auf den ersten Blick nichts auszusetzen: Die Räder drehen sich, ohne dass es an den mechanischen Scheibenbremsen mit einem Durchmesser von 160 Millimetern zu Schleifgeräuschen kommt und die Schweißnähte am Aluminiumrahmen sehen sauber verarbeitet aus.
Fahren
Dank des relativ niedrigen Gewichts kann man das Accolmile E-Road auch ganz ohne Motorunterstützung wie ein klassisches Fahrrad bewegen. Der 250-Watt-Motor von Sutto, einer Untermarke von Bafang, wird über das kleine Display am Lenker eingeschaltet. Er bietet fünf Unterstützungsstufen, die das Rad maximal auf gesetzeskonforme 25 Kilometer pro Stunde beschleunigen. Bereits ein kurzer Tritt in die Pedale sorgt für einen bis zu 45 Newtonmeter starken Vortrieb. Ausgelöst wird dieser durch einen magnetischen Sensor am vorderen Zahnkranz. Der Motor reagiert auf diesen unmittelbar. Man muss also nicht mehrmals in die Pedale treten, um die Unterstützung des Motors auszulösen. Schon ein anstrengungsloses Luftpedalieren reicht aus, um den Motor auf den Plan zu rufen. Kurzes Zwischenfazit: Das Ding geht richtig ab.
Positiv ist auch, dass der Motor sehr leise zu Werke geht. Mehr als ein leises Surren ist nicht zu vernehmen. Allerdings klappert etwas auf der ersten Testfahrt auf unebener Strecke. Ein nochmaliges Kontrollieren der montierten Teile führt nicht zur Problemlösung. Das Klappergeräusch erweckt natürlich kein Vertrauen und so fahren wir die etwa 19 km lange Strecke aus dem Büro nach Hause sehr vorsichtig.
Im Internet finden wir ein Video des Users BK42, der die Ursache für das Klappergeräusch des Accolmile E-Road ermittelt hat. Der im Rahmen des Rads untergebrachte 345-Wh-Stunden-Akku hat ein wenig Spiel und fängt an zu klappern, sobald das Rad über Unebenheiten fährt. BK42 erklärt auch, wie man den Akku ausbaut und das minimale Spiel beseitigt.
Hierzu klebt man einen etwa wenige Millimeter dicken Möbelfilz auf den Akku und führt diesen anschließend wieder in den Rahmen. Das hört sich leichter an, als es getan ist. Denn um den Akku ausbauen zu können, müssen zuvor sämtliche daran angeschlossene Kabel getrennt werden. Da die Steckverbindungen teilweise farblich keine Unterschiede aufweisen, markieren wir diese mit Isolierband, um später diese wieder korrekt zusammenstecken zu können (siehe auch Bildergalerie und obiges Video).Nach dieser Maßnahme, die uns mit einer Dauer von 45 Minuten länger beschäftigt hat als der Zusammenbau des Rads, ist das Klappergeräusch Geschichte. Jetzt fährt das Accolmile E-Road bis auf das Laufgeräusch der Räder und das Surren des Motors absolut geräuschfrei. Insgesamt haben wir mit dem Rad 108 Kilometer bislang zurückgelegt und bis auf das Problem mit dem klappernden Akku keine weiteren Mängel feststellen können. Im Gegenteil: Dank der 38 Millimeter breiten Bereifung sind auch Schotterwege für das E-Bike kein Problem. Die Gabel ist allerdings starr und so wird man durch Unebenheiten der Fahrbahn anders als mit dem vorn und hinten gefederten Himiway Escape Pro (Testbericht) ordentlich durchgeschüttelt. Und das passiert nicht nur auf Schotterstrecken, sondern auch durch Baumwurzeln „aufgefaltete“ Fahrradwege.
Die Bremsen greifen gut und die Gangwechsel funktionieren einwandfrei. Viele Schaltvorgänge sind bei aktivierter Motorunterstützung aber gar nicht nötig, da – wie bereits erwähnt – der Motor schnell zur Sache kommt, wenn man die Pedale minimal bewegt. Auf geraden Strecken hält der Motor bei Stufe 5 die maximal mögliche Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde problemlos. Das gelingt auch bei leichten Anstiegen, während man bei größeren Steigungen selbst in die Pedale treten muss, um in den Genuss der Höchstgeschwindigkeit zu kommen.
Bei Auswahl von niedrigeren Stufen stoppt der Vortrieb des Motors schon bei geringeren Geschwindigkeiten. Das passiert außerdem bei Betätigung der Bremsen. Ein Nachlaufen des Motors, wie wir es bereits bei anderen E-Bikes ohne Drehmomentsensor wahrgenommen haben, können wir beim Accolmile E-Road nicht beobachten.
Bilder: Accolmile E-Road im Test
Bilder
Display & Reichweite
Das kleine Display informiert über die aktuelle Geschwindigkeit, die verbleibende Restenergie der Batterie, die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer (ODO: Odometer, Wegmesser) und die zuletzt zurückgelegte Wegstrecke (Trip). Letztere kann man mit dem gleichzeitigen Drücken der beiden Bedientasten und der Auswahl von „y“ über die untere Taste zurücksetzen.
Accolmile verspricht eine Reichweite von 70 bis 80 Kilometern. Doch oft sind Reichweitenangaben von E-Bike-Herstellern ähnlich exakt wie Verbrauchsangaben von PKWs. Doch Accolmile überrascht: Auf unserer knapp 19 Kilometer langen Teststrecke quer durch München ins Büro nach Haar müssen wir mit dem Rad bei einem Fahrergewicht von 91 Kilogramm nur wenige Steigungen absolvieren und treten kräftig in die Pedalen. Hin und zurück legen wir also etwa 38 Kilometer zurück. Und nach einem Baggersee-Ausflug am Wochenende sind es knapp 52 Kilometer. Im Display sind dann noch zwei von fünf Batteriesymbole ausgefüllt (siehe Bildergalerie). Eine weitere Teilstrecke wäre sicher noch drin und so schätzen wir die Laufleistung bei den gegebenen Parametern wie Fahrergewicht und Profil der Wegstrecke auf maximal 70 Kilometer. Somit passen die Angaben des Herstellers zur Laufzeit.
Preise
Das Accolmile E-Road mit 28-Zoll-Bereifung, 250-Watt-Hinterrad-Nabenmotor von Sutto (Bafang) und 345-Wh-Stunden Akku mit Batteriezellen von Samsung kostet mit dem Code „BGTSRW001“ beim Online-Shop Banggood aktuell nur 605 Euro.
Zum Vergleich listen wir in folgender Tabelle E-Bikes mit weniger als 20 Kilogramm Gewicht.
Fazit
„Wer billig kauft, kauft oft zweimal“, lautet eine alte Weisheit. Doch im Fall des Accolmile E-Road, das für 605 Euro erhältlich ist, trifft das nicht zu. Dafür aber, schraubt man zweimal. Einmal, um das Rad zusammenzubauen und das zweite Mal, um den klappernden Akku ruhigzustellen. Doch das haben wir gerne gemacht. Denn die Freude über eine so günstiges E-Bike, mit dem man dank eines reaktionsschnellen und leistungsfähigen Motors so viel Spaß beim E-Bike-Radeln hat, ist groß. Da sehen wir gerne über die Schwachstellen hinweg. Auch darüber, dass wir noch eine StVZO-konforme Vorderbeleuchtung inklusive Schraube und Mutter zur Befestigung am Rahmen und eine Klingel kaufen müssen, ändert nichts an dem sehr guten Gesamteindruck des Accolmile E-Road.
Die gebotenen Leistungen und der für ein E-Bike extrem niedrige Preis gleichen die negativen Aspekte unserer Ansicht nach mehr als aus. Wer noch kein E-Bike besitzt, kann hier gerne zuschlagen, wenn er ein wenig handwerkliches Geschick besitzt und das Klappern des Akkus selbst beseitigen kann. Für längere Touren oder für den Ausflug ins Gelände wählen wir dennoch ein anderes Rad. Dafür ist das Accolmile E-Road nicht gemacht. Aber für den Weg ins Büro und wieder zurück mit einer Gesamtstrecke unter 60 Kilometer ist es ideal.